Jele Mailänder
Wenn es nach Verschwendung riecht –
Mein Jesus-Parfüm
Meine Frage
Ich schreibe, weil ich Dich einlade, mit mir die Frage zu stellen: Mit welcher „Kosten-Nutzen-Rechnung“ bist Du im Dienst? Wie hoch ist dein Einsatz und steht er im Verhältnis zu dem, was das Ergebnis ist?
„Ich habe so viel investiert und nun sehe ich einfach kein Ergebnis!“ Ein Leiter einer großen jährlichen Jugendkonferenz lässt die Schultern hängen. Wir sitzen bei einem Glas Wein zusammen und er schüttet mir sein Herz aus:
„Es lohnt sich nicht! – Die Kosten-Nutzen-Rechnung geht nicht auf. Ich arbeite mich jedes Jahr für die Konferenz auf und es trägt einfach keine Früchte!“ Ich versuche ihn zu ermutigen und all das Positive der vergangenen Jahre aufzuzählen. In mir bleibt trotzdem ein fahler Nachgeschmack und eine Frage: „Warum gleichen sich der Aufwand für eine Sache und das Ergebnis oft gar nicht?“
Es ist die Frage der Effizienz, die Frage, mit welchem Aufwand welches Ergebnis erreicht wird. Ich frage mich: „Muss sich in unserem Dienst immer der Aufwand lohnen?“
Ich selbst stelle mir die Frage schon eine ganze Weile und so richtig laut ist sie seit Februar 2020 mit dem Willow-Creek-Kongress in Karlsruhe geworden. Als ich gefragt wurde, ob ich auf dem WillowCreek Leitungskongress in Deutschland sprechen wollte, habe ich zugesagt. Wow! Der Willow Creek Kongress! Was für eine Ehre und ein Vorrecht dort sprechen zu dürfen!
Aber da war nicht nur Freude. Da waren zwei andere Emotionen, die mich immer wieder gepackt haben. Erstens war da Angst. Und zweitens war da Stolz.
Ich hatte Angst vor dieser Bühne. Den Erwartungen nicht gerecht zu werden. Im Vergleich zu den anderen Sprecherinnen und Sprechern schlecht dazustehen. Ich hatte Angst, dass das, was ich sagen würde, nicht auf offene Ohren stoßen würde oder sogar abgelehnt würde. Ich hatte Angst davor, dass ich das einfach nicht schaffen würde.
Und da war Stolz. Das einzugestehen, war für mich nicht einfach. Leise habe ich manchmal triumphiert: „Du wirst auf dem Willow Creek Kongress sprechen! Dich haben sie gefragt! Du scheinst deine Sache gutzumachen!“ Ich habe mich immer wieder bei dem Gedanken ertappt „Dich haben sich gefragt! Nicht die anderen.“
Drei Monate habe ich mit beiden Gefühlen selbst gekämpft und dann aufgegeben. Ich hatte keine Chance gegen die Angst und gegen den Stolz. Beides war so kräftig in mir und hat mich umgetrieben und vor sich hergetrieben. Stolz und Angst haben mich dazu verleitet, zu denken, ich müsste einen perfekten Talk auf dem Kongress halten. Und sie haben mich davor abgehalten, frei und kreativ Gottes Reden zu hören und auszusprechen, was er zu sagen hat.
Die Antreiber
der Kosten-Nutzen Rechnung
Mein Weg
Da ist zu spüren: „Lass Dich in meinen Dienst mit hineinnehmen! Meine Berufung für Dich ist behutsamer als Du denkst!“
Meine Freundin hat mir dann den Kopf gewaschen. „Da steht noch eine geistliche Herausforderung an! Stell Dich der Sache! Du kannst nicht alleine dagegen kämpfen!“ Also war für mal wieder eine Woche Kloster dran. Angst und Stolz habe ich mitgenommen. Stille. Beichte. Bibeltexte und eine Schwester, die mir intensiv zugehört hat, haben mich erwartet.
Ganz deutlich habe ich in diesen Tagen zwei Worte ins Herz gepflanzt bekommen: Sanft und leicht! Jesus hat mir zugesagt: „Kommt alle her zu mir, die ihr euch abmüht und unter eurer Last leidet! Ich werde euch Ruhe geben. Vertraut euch meiner Leitung an und lernt von mir, denn ich gehe behutsam mit euch um und sehe auf niemanden herab. Wenn ihr das tut, dann findet ihr Ruhe für euer Leben. Das Joch, das ich euch auflege, ist leicht, und was ich von euch verlange, ist nicht schwer zu erfüllen.“ (HFA Mtt 11,28ff) Das ist nichts von einem effizienten Vorwärtspeitschen zu hören. Da ist nichts von einer Kosten-Nutzen-Rechnung zu lesen. Da ist zu spüren: „Lass Dich in meinen Dienst mit hineinnehmen! Meine Berufung für Dich ist behutsamer als Du denkst!“
Angst und Stolz sind meine Feinde. Aber ich kämpfe nicht mehr gegen sie. Feinde soll ich lieben, sagt Jesus. Also segne ich die zwei und lasse sie bekämpfen. Von dem, der mich nicht in den Perfektionismus, die Effizienz und damit in einem schweren Joch gehen lässt, sondern der mir Behutsamkeit, Sanftheit und Leichtigkeit zuspricht.
In diesen Tagen dort im Kloster habe ich den Talk, die Bühne, meine Vorbereitungen, meine Ängste, meine Ansprüche an Perfektionismus und meinen Stolz in einer kleinen Kapelle ganz vor die Füße von Jesus gelegt. Eine Selbitzer Schwester war Zeugin.
„If you wanna steal my show
I’ll sit back and watch you go
If you got something to say
Go on and take it away
Need you to steal my show
Can’t wait to watch you go oh oh oh
So take it away
My life!
My pride!
My heart!
It’s all yours now
Take it away
My fame!
My feet!
My family, my career
Take it away
It’s all yours now
It’s you I wanna live for“
Und dann kam der Kongress. Ich war – trotz anstrengender Wochen im Vorfeld – gut vorbereitet. Hatte alles gegeben und war bereit, mich ganz zur Verfügung zu stellen.
Auf meinem Instagram Kanal @jelemailaender habe ich am Tag vor dem Kongress nebenstehende Liedzeilen gepostet.
Frei übersetzt bete ich mit diesem Song von TobyMac:
„Wenn Du mir die Show stehlen möchtest, dann lehne ich mich zurück und schau Dir bei deiner Arbeit zu. Ich brauche Dich, damit Du mir die Show wirklich stiehlst und ich kann es kaum erwarten, dich am Wirken zu sehen. Nimm mein Leben, meinen Stolz, mein Herz, meine Bekanntheit, meine Füße, meine Familie, meine Karriere! Alles gehört Dir! Nimm es! Denn Du bist es, für den ich leben möchte!“
Ich konnte nicht ahnen, wie konkret wahr diese Worte schon ein paar Stunden später waren. Ich war auf dem Weg in den Backstage-Bereich hinter der Bühne. Mein Talk sollte nach einer kurzen Einführung der nächste auf dem Kongress sein. Auf dem Weg dorthin hat mich ein Mitarbeiter abgefangen und mich in den Quarantäne-Raum gebracht. Dort habe ich davon erfahren, dass wir den Kongress in den nächsten Stunden abbrechen müssen, um verantwortlich mit der Gefahr einer Covid19-Infektion für die tausenden Teilnehmenden umzugehen.
Die ersten Stunden habe ich funktioniert. Den Pressetext mit formuliert. Die Worte an die Teilnehmenden, die der theologische Referent Jörg Ahlbrecht dann vorgelesen hat, mit geschrieben und mir eine Quarantäne-Unterkunft organisiert.
Erst – also ich alleine in der Einzimmerwohnung war – in der ich für die nächsten 14 Tage isoliert bleiben sollte kam der Schmerz: „Jesus, du hast mich so lange darauf vorbereitet! Du hast mich geistlich herausgefordert. Du hast für mich mit Angst und Stolz gekämpft. Ich war bereit, mich Dir ganz zur Verfügung zu stellen. Und nun soll ich nicht reden? Was für eine Verschwendung meiner Kraft und meiner Zeit! Es hätten so viele Menschen berührt werden können. Kirche hätte sich wieder ein Stück mehr bewegt. Du hättest Herzen ansprechen können. Was für eine Verschwendung, dass Du das jetzt nicht tust!“
Jede Idee von Effizienz und der Kosten-Nutzen-Rechnung trug in meinen Augen gar nicht mehr.
Mein Impuls
Verschwende Dich!
Bis ein Bild vor meinem inneren Auge entstanden ist: Maria, die Schwester von Lazarus goss kostbares Öl über die Füße von Jesus. Die Antwort von Judas, dem Rechner und dem Effizienz-Menschen in der Nähe von Jesus lautete wie meine: „Was für eine Verschwendung! Mit diesem Geld hätten Menschenleben gerettet werden können!“ Er hat Recht! Dass das Öl von Maria einfach über die Füße (!), nicht etwa über den Kopf von Jesus geleert wird, ist Misswirtschaft!
Und ich möchte eigentlich einstimmen: „Jesus, war für eine Misswirtschaft in den vergangenen Monaten!“ Ich ertappe mich dabei, die Koste-Nutzen-Rechnung aufzumachen und sehe mich an der Judas-Seite.
Doch Jesus lobt das Handeln von Maria, obwohl es pure Verschwendung – eigentlich Misswirtschaft ist – und jeder Rechnung widerspricht. Weil Jesus anders denkt. Weil er tiefer sieht. Weil er nicht in unseren menschlichen Kategorien von Effizienz handelt. Er sieht das Herz. Er sieht die Liebe. Er sieht die Hingabe. Und vielleicht geht es nicht um den Einsatz an Zeit und Kraft, sondern um den Einsatz an Hingabe und Lernbereitschaft, die das Ergebnis dann auch verändern.
Wenn der Schmerz über ein ausgefallendes Projekt, eine misslungene Predigt, eine intensive Vorbereitungszeit oder Gaben, die ich nicht zur Entfaltung bringen kann, mich einholen, dann will ich eines tun. Ich möchte mich in diesem Bild ausruhen und betend sagen: „Jesus: Mein Leben und mein Herz soll nach Hingabe riechen. Mein Bestes für Dich! Was du daraus machst, ist deine Sache! Ich stelle mich dir zur Verfügung!“
Damit meine ich übrigens nicht, dass am Ende nicht das Ergebnis zählt oder dass wir nicht gute Haushalter der Zeit und des Geldes sein sollen. Ich feiere, wenn nach Exzellenz gestrebt wird. Ich liebe brillante Predigten und schätze, wenn Menschen ihre Berufung leben. Und noch öfter darf in Abläufen in unseren Gemeinden nach Effektivität und Effizienz gefragt werden. Maria hat ja das Beste gegeben und das eingesetzt. Aber, wenn wir am Ende nur auf die Kosten-Nutzen-Rechnung schielen, hängt etwas schief.
In diesem Sinne: Mein Leben soll nach Verschwendung riechen!
Die Antwort von Judas, dem Rechner und dem Effizienz-Menschen in der Nähe von Jesus lautete wie meine: „Was für eine Verschwendung!
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Bin ich zu emotional? Leiten mit Gefühl
Da kommt sie mir, die Frage: Sind wir Frauen zu emotional? Braucht Leitung nicht auch immer eine Spur Nüchternheit? Braucht es nicht immer auch emotionale Zurückhaltung, damit Leitung effektiv und sachlich bleiben kann? Gibt es nicht einfach zu viele Reibungsverluste bei dramatischen Gefühlsausbrüchen? Und sind Männer deshalb nicht einfach grundsätzlich die besseren Leitenden als Frauen?
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