Jele Mailänder
Bin ich gut genug?
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Zwischen Mittelmeer und Bremsblöcken
Frauenfragen
Hier schreibe ich über uns. Frauen. Was uns bewegt. Und wie wir unsere Berufung zu Leitung und Verkündigung an der Seite von Männern annehmen können. Wir nehmen unseren Platz ein. Dabei stellen wir Fragen. Fragen, die auch Männer bewegen.
Trotz Training, festem Vorsatz und guter Vorbereitung bremste die Frage im Kopf jedem einzelnen Tritt in die Pedale: „Bin ich gut genug? Schaffe ich das? Soll ich nicht lieber die anderen ziehen lassen? Ich bin doch eh nur eine Bremse für die Anderen.“
Einige Zeit später habe ich die Frage wieder gestellt. Im echten Leben. Ohne Alpenüberquerung. Ich sollte zum ersten Mal auf einer großen Konferenz vor mehreren tausend Menschen sprechen. Als einzige Frau. Da war sie wieder, die Frage und die bremsenden Gedanken: „Bist Du gut genug dafür? Die anderen haben viel mehr Erfahrung! Die anderen können das viel besser.“ Mir fiel es immer schwerer, mich ganz auf die Vorbereitung einzulassen. Jede Kreativität und jede Spur des geistlichen Hörens wurde im Keim erstickt. Selbst die Zeiten der Stille vor Gott kreisten irgendwann nur noch um die Frage: „Bin ich gut genug dafür?“ Ich war kurz davor, meinen Dienst an der Konferenz abzusagen. Ich fühlte mich tatsächlich wie damals bei der Alpenüberquerung. Mich verließ zunehmend der Mut und irgendwann sah ich das Szenario vor meinem inneren Auge: Ich würde auf der Bühne stehen und nichts zu sagen haben.
Die Frage bremste mich. Hielt mich davon ab, meine Berufung zu leben. Auf Gott zu hören. Mein gottgegebenen Potential auszuschöpfen.
Angespannt und ratlos erzählte ich im Coaching-Gespräch von meiner inneren Bremse und der Frage, um die sich meine Gedanken inzwischen fast nur noch kreisten. Ein spannender Prozess begann. Und ähnlich wie bei unserer großen Tour ans Mittelmeer, bei der ich Meter für Meter auf dem Fahrrad kämpfte, begann ich – mit geistlicher Unterstützung – Wahrheit um Wahrheit aufzudecken. Ich stellte mich der Frage. Und dem, was dahinter lag.
Da war sie wieder, die Frage und die bremsenden Gedanken: „Bist Du gut genug dafür? Die anderen haben viel mehr Erfahrung! Die anderen können das viel besser.“
Mein Weg
Gefühle hindern uns ja nicht grundsätzlich an einem guten Leitungsstil. Im Gegenteil: Gefühle führen zu Handlungen.
1. Schon die Frage an sich ist eine Lüge
Gottes Gedanken über mich sind zu jedem Zeitpunkt (damit meine ich übrigens wirklich jeden Zeitpunkt): „Gut genug! Wunderbar! Geliebt!“ Die Frage, die ich stelle, stellt Gottes Liebe in Frage!
Die Frage nach dem „Genug“ wird mich immer daran hindern, mein ganzes gottgegebenes Potential auszuschöpfen. Die Angst Fehler zu machen, hält mich davon ab, das zu tun, wozu Gott mich beruft. Die Zweifel, Lüge und Angst funktionieren dann wie ein großer Bremsblock, der mich abhält, mutig nach vorne zu gehen. Der erste Schritt in der Strategie aus der „Gut-genug-Falle“ ist für mich also: Ich mache mir die Konsequenzen bewusst: Kleinglaube, Angst, Zweifel und ungenutztes Potential.
2. Übernimm Verantwortung für die Frage
Habe ich die Frage und die Lüge dahinter erst mal benannt, gehe ich jetzt einen Schritt weiter. Ich halte Gott die Frage hin: „Da ist schon wieder die Frage nach dem, ob ich wirklich gut genug bin. Dabei möchte ich doch deiner Wahrheit glauben! Wenn Du mich berufst, wirst Du mich doch auch ausrüsten! Du sprichst über meinem Leben aus: „Gut genug!“ Hilf mir zu glauben!“ So übernehme ich Verantwortung für die Frage und lege Zweifel, Angst und Kleinglaube vor die Füße von Jesus.
„Leuchte, was das Zeug hält!“ schrieb mir damals eine Freundin unter eine Mail. Und ich dachte an Nelson Mandela, der in seiner Antrittsrede als Präsident von Südamerika gesagt hat:
„Jeder Mensch ist dazu bestimmt, zu leuchten! Unsere tiefgreifendste Angst ist nicht, dass wir ungenügend sind, unsere tiefgreifendste Angst ist, über das Messbare hinaus kraftvoll zu sein.
Es ist unser Licht, nicht unsere Dunkelheit, die uns am meisten Angst macht. Wir fragen uns, wer ich bin, mich brillant, großartig, talentiert, phantastisch zu nennen? Aber wer bist Du, Dich nicht so zu nennen? Du bist ein Kind Gottes.“
Die Frage nach dem „Gut genug?“ ist ja nun vor den Füßen Jesus. Soll er sich darum kümmern. Ich werden nun das tun, wozu er mich beauftragt: Leuchten. Denn er sagt: „Gut genug! Großartig! Talentiert!
4. Lerne!
Neben der großartigen Grundlage „Gut genug!“ gibt es da trotzdem eine Bereitschaft in mir. „Ich darf noch lernen, trainieren.“ Eben weil ich glaube, dass Gottes „Gut genug!“ über meinem Leben steht, möchte ich meine Gaben und Potentiale weiter ausbauen. Dazu lernen. Mich weiter entwickeln. Nicht, weil ich nicht genug wäre, sondern weil ich leuchten möchte. Und so nehme ich Coaching in Anspruch, lerne von Mentoren, stelle Fragen und versuche mich weiter zu entwickeln. Weil Gott sagt: „Gut genug!“ Das ist vielleicht wie das Training und das richtige Gepäck für die Alpenüberquerung.
Mein Impuls
Ob das eine typische Frauenfrage ist? Ich denke nicht. Auch Männer stellen sie. Und doch treten wir Frauen in die „Klein-Mädchen-Falle“.
Ob das eine typische Frauenfrage ist? Ich denke nicht. Auch Männer stellen sie. Und doch treten wir Frauen in die „Klein-Mädchen-Falle“. Während Männer dazu neigen, der Welt zu beweisen, dass sie gut genug sind ziehen Frauen sich zurück und verfallen ins „Schneckentempo“. Bremsen sich. Und lassen dann doch andere (oft Männer) an sich vorüberziehen. In der Annahme: „Die sind gut genug!“
Wir schrecken davor zurück, eine Verantwortung anzunehmen. Eine Berufung zu leben. Das Potential, das in uns steckt, voll zu entfalten. Und oft kommt die Frage auch mitten im Alltag: „Bin ich gut genug?“ Als Mutter, als Freundin, als Ehefrau, als Mitarbeiterin, als Christin? Da ertappe ich mich dann wieder: Wie die Gedanken im Kopf mein Leben bremsen. Und dann gilt es einmal mehr: Die Lüge aufdecken. Die Frage Jesus vor die Füße zu legen. Leuchten. Lernen. Und dann geht es weiter – ohne Bremse im Kopf.
Übrigens: Beim ersten langen Anstieg beim Alpencross habe ich gemerkt, dass ich das anscheinend doch schaffen kann. Höhenmeter für Höhenmeter ging es nach oben. Kilometer für Kilometer ging es weiter. Als der erste Tag gemeistert war, waren für mich zwei Dinge klar: „Du kannst das in deinem Tempo schaffen!“ und „Ein paar andere sind tatsächlich noch besser trainiert.“ So bin ich tatsächlich mit viel Muskelkater und einer Erkenntnis mehr am Mittelmeer an.
Und dann gilt es einmal mehr: Die Lüge aufdecken. Die Frage Jesus vor die Füße zu legen. Leuchten. Lernen. Und dann geht es weiter – ohne Bremse im Kopf.
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